Am 03.04.2025 hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt darüber zu entscheiden, ob die eigentlich verspätete Kündigungsschutzklage einer Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Schwangerschaft nachträglich zugelassen werden musste (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. April 2025 – 2 AZR 156/24 –).
Was war passiert?
Eine Arbeitnehmerin erhielt von ihrem Arbeitgeber eine Kündigung. Kurz darauf führte sie einen häuslichen Schwangerschaftstest durch. Dieser fiel positiv aus. Sie erbat bei ihrem Gynäkologen einen Termin. Dieser konnte jedoch erst 19 Tage später stattfinden. Obwohl die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage (Dreiwochenfrist) bereits verstrichen war, erhob die Arbeitnehmerin dennoch Kündigungsschutzklage und beantragte die nachträgliche Zulassung der Klage. Das ärztliche Attest, welches bestätigte, dass die Schwangerschaft bereits bei Erhalt der Kündigung bestand, reichte die Arbeitnehmerin bei Gericht nach.
Die Arbeitgeberin war der Auffassung, die Arbeitnehmerin hätte bereits nach ihrem häuslichen Schwangerschaftstest gewusst, schwanger zu sein, sie hätte also noch vor Ablauf der Dreiwochenfrist (Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG) Klage erheben müssen.
Wie ist die Rechtslage bei einer Schwangerschaft?
Gem. § 17 Abs. 1 Nr. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) ist die arbeitgeberseitige Kündigung während der Schwangerschaft unzulässig. Dabei ist unerheblich, ob der Arbeitgeber von der Schwangerschaft bei Ausspruch der Kündigung Kenntnis hatte. Bei natürlicher Empfängnis kommt es darüber hinaus nicht auf den „naturwissenschaftlichen“ Beginn der Schwangerschaft an, sondern auf den durch Berechnung ermittelten Termin (Die Schwangerschaft beginnt 280 Tage vor dem errechneten Entbindungstermin).
Nur in Ausnahmefällen kann die zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle eine Kündigung für zulässig erklären. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen vor Ausspruch der Kündigung einen entsprechenden Antrag bei der zuständigen Behörde stellen. Die Kündigung hat zudem den Kündigungsgrund explizit mit anzugeben.
Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?
Entgegen der Meinung der Arbeitgeberin, hat das Bundesarbeitsgericht die Vorinstanzen bestätigt und nochmals klargestellt, dass ein häuslich durchgeführter Schwangerschaftstest nicht die erforderliche Kenntnis über das Bestehen einer Schwangerschaft liefert. Erst die ärztliche Bestätigung der Schwangerschaft führt zu einer positiven Kenntnis. Die Kündigungsschutzklage der Arbeitnehmerin musste daher nachträglich zugelassen werden. Die Arbeitnehmerin hatte aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst mit der frühestmöglichen frauenärztlichen Untersuchung positive Kenntnis davon erlangt, dass sie bei Zugang der Kündigung schwanger war.
Fazit
Häufig halten Arbeitnehmerinnen, die eine Kündigung von ihrem Arbeitgeber erhalten haben, eine Kündigungsschutzklage für nicht (mehr) aussichtsreich, weil sie ihre Schwangerschaft „zu spät“ festgestellt haben oder weil sie sich unsicher über den tatsächlichen Empfängnistermin sind.
Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechte von Schwangeren nochmals gestärkt und im Einklang mit dem Europarecht (Richtlinie 92/85/EWG, EuGH 27. Juni 2024 – C-284/23 –) den Schutz von Schwangeren im Arbeitsleben bekräftigt.
Eine Kündigungsschutzklage ist demnach auch nach Ablauf der Dreiwochenfrist in bestimmten Fällen durchaus aussichtsreich.


