Berlin, 17. März 2025 – In einem richtungsweisenden Urteil stellt das Arbeitsgericht Berlin klar, dass ein Verstoß gegen
§ 164 Abs. 4 SGB IX eine Diskriminierung darstellt – Unternehmen drohen Klagen und Entschädigungsforderungen
Eine langjährige beschäftigte, schwerbehinderte Arbeitnehmerin mit einer Hörschädigung erlitt gesundheitliche Verschlechterungen, nachdem ihr Arbeitsplatz umstrukturiert und sie in mehrstündige Telefondienste eingeteilt wurde. Trotz mehrfacher Hinweise und Gespräche im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) unternahm der Arbeitgeber keine angemessenen Anpassungen. Statt die Belastung entsprechend der Empfehlungen des Betriebsarztes zu reduzieren, erhöhte er die Telefoniezeit erheblich. Eine Beratungsstelle für Schwerbehinderte in Berlin schaltete sich ein und stellte eine Diskriminierung fest.
Das Berliner Arbeitsgericht hat am 13. März 2025 in einem aktuellen Gerichtsurteil bestätigt: Die Missachtung von § 164 Abs. 4 SGB IX stellt eine Diskriminierung dar und kann zu Klagen und Entschädigungsansprüchen führen. Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Vorkehrungen für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu treffen. Im vorliegenden Fall erhielt die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 1,5 Bruttomonatsgehältern zugesprochen.
Das Urteil setzt ein klares Signal: Unternehmen, die diesen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommen, riskieren nicht nur Imageschäden, sondern auch rechtliche Konsequenzen.
Was bedeutet das für Arbeitgeber?
Gemäß § 164 Abs. 4 SGB IX müssen Unternehmen die „erforderlichen Maßnahmen” ergreifen, um schwerbehinderte Menschen – unter anderem – den Zugang zur Beschäftigung und die Ausübung eines Berufes zu ermöglichen. Dies kann technische Hilfsmittel, flexible Arbeitszeiten oder die Anpassung des Arbeitsplatzes umfassen. Maßnahmen, um den Arbeitsplatz der Behinderung entsprechend einzurichten, können in einer Anpassung des Arbeitsrhythmus, der Aufgabenverteilung oder des Angebots an Ausbildungs- und Einarbeitungsmaßnahmen liegen. Wird diese Pflicht verletzt, liegt eine Diskriminierung nahe – mit möglichen Schadensersatzforderungen für die Betroffenen.
Höheres Risiko für Klagen und Entschädigungen
Die Entscheidung könnte eine Welle neuer Klagen auslösen, da betroffene Arbeitnehmer:innen nun eine noch stärkere rechtliche Grundlage haben, um sich gegen Benachteiligungen zu wehren.
„Dieses Urteil schafft mehr Klarheit und stärkt die Rechte von Menschen mit Behinderung im Arbeitsmarkt erheblich. Unternehmen müssen jetzt handeln, um Diskriminierungsfälle zu vermeiden. Für Betroffene gilt es nun, sich rechtlichen Beistand zu holen, sollte der Arbeitgeber die Rechte der Schwerbehinderten weiter missachten“, so Sophia von Verschuer. “Arbeitgeber sollten ihre Inklusionsmaßnahmen und Prozesse dringend überprüfen, um rechtliche Risiken zu minimieren. Eine diskriminierungsfreie Unternehmenskultur zahlt sich nicht nur ethisch, sondern auch wirtschaftlich aus.”
Die vollständige Urteilsbegründung wird für Ende April 2025 erwartet. Das Urteil hat Bedeutung für zukünftige Fälle und kann als Präzedenzfall für ähnliche Diskriminierungen im Arbeitsumfeld herangezogen werden.
Presseinformation zum Download: PM_Urteil13.03.2025


